Vorab das Wichtigste
Ich erhebe mit dem Artikel keinen Anspruch darauf, die absolut perfekt Lösung gefunden zu haben. Ich möchte euch lediglich mitnehmen und an meinem Experiment teilhaben lassen. Cannabispflanzen können sehr viel ab und sind robuster als man häufig denkt. Das gilt auch in Bezug auf Trockenheit. Ich vermute, dass zu viel gießen mindestens genau so viel Schaden anrichtet, wie zu wenig gießen. Und möchte euch dazu ermutigen einfach mal mit eurer Pflanze und unterschiedlichem Gießverhalten zu experimentieren.

Mein Setup
Links sind die drei Pflanzen nach etwa 8 Tagen ohne gießen. Rechts sind die Pflanzen 24 Stunden nachdem ich sie gegossen habe. In dem Experiment gehe ich von einem Homegrow auf Erde, in Stofftöpfen mit manueller Bewässerung aus und verwende dabei meine drei Monate alten Mutterpflanzen, welche ich stark trainiere und immer wieder zurück schneide. In jedem Stofftopf befinden sich etwa 9 Liter Erde. Mehr dazu könnt ihr hier lesen: https://xn--blte-1ra.com/training-von-cannabis-mutterpflanzen
Der Versuchsaufbau
Alle drei Pflanzen wurden das letzte Mal zur gleichen Zeit mit der gleichen Menge Wasser gegossen (900 ml pro Topf). Nun warte ich so lange, bis alle drei Pflanzen ihre Blätter hängen lassen und werde die Pflanzen erst dann wieder gießen, wenn mindestens 20% der Blätter abgestorben sind. Ich möchte mich hier auch bei allen Pflanzenliebhabern unter euch entschuldigen, dass ich meine Pflanzen so quäle und so eine Tortur an ihnen vollziehe. Aber ich verstecke mich unter dem Deckmantel der Wissenschaft, also bitte verzeiht mir.
Das Ziel
Es geht nicht darum, bestimmte Zeitabstände zu messen und euch darzulegen wann und wie oft ihr eure Pflanzen gießen müsst. Denn das ist abhängig von eurem Setup sehr unterschiedlich.
Sondern euch zu zeigen, dass ihr keine Angst davor haben solltet, dass eure Pflanzen verdursten. Lasst sie ruhig mal dursten. Vielleicht tut ihnen das sogar gut? Durch gezieltes dursten kann man das Wurzelwachstum anregen und die Vegetationsperiode verkürzen. Gerade bei jungen Pflanzen macht es Sinn, nicht mit einem 24 Stunden Tröpfchensystem zu arbeiten, sondern natürliche Perioden der Feuchte und der Trockenheit zu haben. Natürlich ist Trockenheit auch immer Stress für Pflanzen, aber Stress führt zu gewissen Vermeidungstaktiken, wie der Ausbildung von mehr Wurzeln und kürzeren Lebenszyklen.
Das Ergebnis

Links sind die drei Pflanzen nach etwa 8 Tagen ohne gießen. Rechts sind die Pflanzen 24 Stunden nachdem ich sie gegossen habe. Die Pflanzen wurden wachstumstechnisch sicher um einige Tage zurückgeworfen. Das ist also nichts für jemanden, der möglichst schnell möglichst viel Ertrag haben möchte. Aber es zeigt ganz gut, dass die Pflanze sich innerhalb von 24 Stunden erholt und, wenn man täglich einen Blick auf seine Pflanzen wirft, sich keine Sorgen darum machen muss, dass diese verdursten.
Die Vermeidungs- und Fluchttaktiken
Pflanzen können nicht weg laufen und sich ein Plätzchen suchen, an welchem es mehr Feuchtigkeit gibt. Wenn also eine trockene Periode einsetzt, oder die Pflanze regelmäßig Trockenstress erfährt, verkürzt sie ihre Blütezeit, um sich noch rechtzeitig fortpflanzen und über Samen verbreiten zu können, bevor sie vollständig vertrocknet.
Während der Vegetationsphase, wenn die Pflanze also noch nicht in der Blütephase ist, dann wird das Wurzel:Trieb-Verhältnis bei Trockenstress vergrößert, da vermehrt Wurzeln und weniger Blätter gebildet werden. Während der Blütephase kann “moderater” Trockenstress, also ein leichtes Welken der Blätter, vorteilhaft für die Bildung von Trichomen sein, da diese die Temperatur der Blattoberfläche durch erhöhte Reflektion verringern. Allerdings sollte man die Pflanze in der frühen Blütephase nicht zu starkem Trockenstress aussetzen, da sich das auch negativ auf die THC Produktion auswirken kann.
Die Studienlage
Die meisten Dinge zum Thema Trockenstress denke ich mir nicht aus und beruhen auch nicht nur auf meinen eigenen Semi-Wissenschaftlichen Experimenten. Dazu gibt es mittlerweile ein paar Studien. Auch im Bezug auf Cannabis.
Diese Studie aus 2021 befasst sich mit dem Trockenstress von Pflanzen und deren Reaktionen darauf: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7911879/
Diese Studie wurde in den Jahren 2021 und 2022 durchgeführt und befasst sich auch explizit mit Cannabispflanzen. Dabei wurde festgestellt, dass starker Trockenstress den Ertrag reduziert, moderater Trockenstress aber keinen negativen Einfluss auf den Ertrag hat: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0098847224000066
In dieser Studie aus dem Jahr 2022 wurden verschieden Stressfaktoren und die Auswirkungen auf die Cannabinoidproduktion während der frühen Blütephase (2. Woche) untersucht. Trockenheit wurde dabei als der Stressfaktor mit den größten Auswirkungen festgestellt. Bei einer 7 tägigen Trockenstressperiode wurde der THC und CBD Gehalt um bis zu 80% reduziert: https://jcannabisresearch.biomedcentral.com/articles/10.1186/s42238-021-00111-y
In dieser Studie wurde festgestellt, dass Trockenstress den Ertrag und den Cannabinoid-Gehalt erhöhen kann. Allerdings unter der Voraussetzung, dass der Trockenstress nicht in der frühen Blütephase (wie in der vorherigen Studie), sondern ab der 7. Blütewoche, etwa 2 bis 3 Wochen vor der Ernte erfolgt. Der THC-Gehalt war bei den Pflanzen, welche Trockenstress ausgesetzt waren um bis zu 50% höher: https://journals.ashs.org/hortsci/view/journals/hortsci/54/5/article-p964.xml
Fazit und Tipps
Timing ist alles. Taste dich langsam heran und lasse deine Pflanzen nicht in der frühen Blütephase dursten, sondern nur 2 bis 3 Wochen vor der Ernte und in der vegetativen Phase.

Nils, 28 Jahre alt, ist gelernter Koch und hat Forstwirtschaft studiert. Er ist ein leidenschaftlicher Botaniker, der Herausforderungen liebt und gerne groß denkt. Immer offen für neue und kreative Wege, ist er der treibende Kopf und Hauptinitiator des Mariana Cannabis Projekts.